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Aspekte
Gedanken über
Johann Sebastian Bach
Ein Begriff für sich. Wie der Mount Everest ragt er über die geheimnisvolle Welt hervor, die nur er kennt. Bach – das ist die Musik selbst, die Musik schlechthin. Er reinigt und erleuchtet Seele und Geist. Nur Schubert reicht an dieses Genie heran, wenngleich sein Leben zu kurz war. Und dann gibt es viele andere wunderbare Komponisten – von Haydn und Mozart über Wagner und Tschaikowsky bis hin zu Schostakowitsch und Kancheli.
Sviatoslav Richter
Für uns, junge Klavierstudenten des Moskauer Konservatoriums, war er wie ein Gott. Ich habe eine Menge von ihm gelernt und bin ihm auch persönlich begegnet. Eine prägende Erfahrung. Ich probte spät am Abend im Kleinen Saal des Moskauer Konservatoriums, als Richter – offensichtlich hatte er sich nach dem Konzert auf der Suche nach dem Ausgang verlaufen – leise in der letzten Reihe Platz nahm. Ich spielte eine Haydn-Sonate und Beethovens Op. 57. Er hörte mir aufmerksam zu und … applaudierte. Dieser Ein-Mann-Applaus bedeutet mir mehr als Standing Ovation in einer ausverkauften Carnegie Hall oder jeder anderen Konzerthalle der Welt. Ich bewahre immer noch Richters Foto auf, das er für mich unterschrieb. Ich lernte von ihm die musikalische Ästhetik, die, wie ich auch nach mehr als 30 Jahren immer noch glaube, zeitlos ist. Apropos Zeit – die hat diesem Musikgiganten böse mitgespielt: Richter ließ gesundheitlich rapide nach, ebenso wie seine Kunst in seinen späten Jahren.
Meine Lehrmethode:
Ich werde oft gefragt, was für eine Lehrmethode ich anwende. Ich bin mir keiner solchen Methode bewusst, folglich wende ich auch keine an. Ich lasse jüngere Kollegen, die ich menschlich mag, an meinen Gedanken und Ansichten teilhaben. Das bedeutet, dass ich nur diejenigen unterrichte, die bereit und willig sind, von mir zu lernen, mir etwas beizubringen, und die mit mir auf der gleichen Wellenlänge liegen. Meine Art zu lehren ist ein zeitaufwendiger Prozess, aber es ist das Ziel, das die Mittel bestimmt. Jeder ist anders. Ich glaube nicht an eine „Methode“. Wenn das nun eine Methode sein sollte, dann ich habe eine erfunden. Aber ich bezweifle das.
Zum Klavierklang:
Zum Konzertgeschäft:
Viele klagen, das Konzertgeschäft gehe zurück. Ist dem wirklich so? Wenn ja, dann warum? Die Antwort darauf ist nicht einfach. Die Klassikproduktion der Plattenindustrie leidet trotz allen technologischen Fortschritts – oder womöglich grade deswegen. Raubkopien mehren sich. Wir werden mit einem Überangebot an unzähligen Konzertreihen, großen und kleinen Festivals, Millionen von CD´s, DVD´s, MP3´s regelrecht überschüttet, für deren Produktion und Verkauf Milliarden ausgegeben werden. Der Markt ist übersättigt. Braucht man denn tatsächlich solche Mengen? Das meiste hört sich für einen Durchschnittskonsumenten gleich an, so dass dieser meistens auf die Werbung anspringt, für die Millionen – bei weitem nicht immer klug – ausgegeben werden. Kritiken funktionieren ebenfalls als Werbung, denn viele Kritiker sind … Nun, lassen wir es lieber sein.
Warum leiden Klassik-Konzerte an Publikumsmangel? Warum werden Klassik-CD-Produktionen und –Vertrieb immer entweder von Sponsoren oder durch Erlöse aus dem Verkauf anderer Produkte unterstützt? Wie oft sieht man Markenzeichen von Soft-Drink Herstellern in Programmheften von Klassik-Konzerten? Und wie oft bei Baseball- oder Footballspielen? Warum fasst ein Baseball-Stadium 30.000 bis 50.000 Plätze und eine Konzerthalle nur 1.500 – 2.500?
Eine der Ursachen: klassische Musik ist elitär. Und elitär ist zu einem Schimpfwort verkommen, obwohl sich manche noch dagegen stemmen. Aber die Elite gibt es nur, weil es keine musikalische Bildung für Massen gibt. Um ein Baseballspiel zu genießen, braucht man wohl keinen Schulabschluss. Um ein ähnliches Hochgefühl bei einem Klassik-Konzert zu erleben, braucht man eine jahrelange Vorbildung. Dementsprechend sieht es auch aus. Wir alle wissen das, aber wir sind nicht willig und/oder nicht fähig, das zu ändern. Also beklagen wir uns …